"Mein Lebenslauf.
Am 10.12.1893 bin ich in Warmbrunn Kreis Hirschberg geboren. Ich besuchte vom 6. Lebensjahr an die Volksschule in Spremberg bis [zum Abschluss]. Mit 14 Jahren erlernte ich das Tabakhandwerk, nach 3-jähriger Lehre ging ich in die Fremde und arbeitete in meinem Beruf, bis ich Soldat wurde. Nach meiner Entlassung aus dem Heeresdienst schulte ich mich um und erlernte das Tuchmacherhandwerk.“1
1911 tritt Kurt in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ein und nach dem Ersten Weltkrieg und seiner Rückkehr nach Spremberg in den Textilarbeiterverband.2 Dort ist auch die Geschirrmacherin Fanny Koar aus Sprembeg tätig. Kurt und Fanny heiraten noch im selben Jahr, da sie sich kennenlernten, am 23. Dezember 1920. 1924 tritt auch sie der SPD bei.3 In Spremberg wohnen die beiden erst in der Kriegerheimsiedlung 29 (heute Robert-Koch-Siedlung), später in der Kirchgasse 5.4
Gleich nach Beginn des NS-Regimes und dem Verbot der SPD wird Kurt zwei Monate im Konzentrationslager Sonnenburg inhaftiert.5 Fanny schreibt später in ihrem Lebenslauf für den Antrag auf Mitgliedschaft in der Vereinigung der Verfolgten des Nationalsozialismus:
„Nachdem 1933 das erste Mal mein Mann von den Nazis verhaftet wurde und in das KZ-Lager Sonnenburg gebracht wurde, unterstützte ich meinen Mann von den wenigen Lebensmitteln, die ich besaß. Nach seiner Entlassung arbeitete ich mit meinem Mann illegal mit unseren Genossen in der Tschechoslowakei zusammen, bis mein Mann abermals im Oktober 1935 verhaftet wurde. Nur meinem Mann und den übrigen Genossen, die in einem Prozess standen, und meine illegale Mitarbeit verschwiegen haben, war es zu verdanken, dass ich nicht mit verhaftet wurde.“6
Von Januar 1934 an betätigt sich Kurt illegal für die SPD. Er hat die Gesamtleitung der Gruppe im Kreis Spremberg inne. Auch an Konferenzen im Ausland nimmt er heimlich teil.7 1935 werden er und andere Verbündete verraten und am 18. Oktober 1935 steht die Gestapo bei ihm vor der Tür in der Kirchgasse, um ihn zu verhaften. Fünf Monate bleibt er im Gerichtsgefängnis Spremberg. Dann wird er im Zuge eines Kammergerichtsverfahrens, bei dem auch seine Verbündeten Ernst und Martha Tschickert, Berta Jänchen und Otto Frömter mit angeklagt sind, nach Cottbus verlegt. Die Anklageschrift vom 10. Januar 1936 lautet „Vorbereitung zum Hochverrat“. Das Urteil wird am 6. April 1936 bekannt gegeben: zweieinhalb Jahre Zuchthaus. Zuerst wird er in Groß-Strehlitz inhaftiert, dann im Zuchthaus Luckau.8
Auf seiner Personalakte vom Zuchthaus steht zum Ende seiner Strafverbüßung: “Austritt aus der Anstalt, Entlassungsverfügung - Konzentrationslager Sachsenhausen“. Dort wird er direkt im Anschluss an die Haftstrafe für zwei Jahre ohne ein weiteres Urteil eingeliefert.9 Es ist aber noch nicht die letzte Station, denn er wird schließlich ins Konzentrationslager Neuengamme überführt.10 Etwa ab März 1944 wird Kurt im Außenlager Beendorf bei Helmstedt eingesetzt, um dort unterirdische Hallen für die Kriegsproduktion zu bauen. Die schwere körperliche Arbeit und schlechten Bedingungen verursachen Gesundheitsschäden, vor allem der Atemwege. So auch bei Kurt, der seither sein Leben lang Asthma hat. Auch ein chronisches Herzleiden trägt er davon. Zudem hat er sieben Zähne verloren oder sie wurden ihm herausgeschlagen.11
Am 10. April 1945 wird das Arbeitslager geräumt. In Güterwaggons werden Kurt und die anderen Häftlinge in das sich noch im Aufbau befindende Konzentrationslager Wöbbelin bei Ludwigslust transportiert. Dort wird Kurt mit den anderen Überlebenden zwei Wochen später am 2. Mai 1945 durch englische Truppen befreit.12
Im Chaos der Befreiung und seiner Rückkehr nach Spremberg geschieht es, dass er nicht wieder in den Besitz seiner Wertsachen kommt, die ihm in der Haft abgenommen worden waren. Bis zum heutigen Tag wird Kurts Ehering bei den Häftlingsgegenständen von Neuengamme aufbewahrt, die mittlerweile im Arolsen Archiv liegen.13
Nach Kriegsende werden Kurt und seine Frau wieder für die SPD tätig, später für die SED.14 Der Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Nationalsozialismus in Spremberg schreibt 1950 über Kurt:
"Infolge der Schikanen des Naziterrors und seiner langen Einkerkerung haben seine Nerven gelitten, was mitunter unliebsame Situationen hervorruft, aber zu entschuldigen ist.“15
Kurt stirbt am 15. April 1967 im Alter von 74 Jahren.16
12.10.1893 | Geburt – in Warmbrunn/Hirschberg |
1900 | Zuzug – nach Spremberg |
1900-1908 | Volksschule Spremberg |
1907 | Tabakhandwerkslehre |
Oktober 1911 | Eintritt in die SPD |
1914-1918 | Soldat im Ersten Weltkrieg |
ca. 1918 | Umschulung zum Tuchmacher |
Jun-Aug 1933 | Verhaftung in Spremberg, Konzentrationslager Sonnenburg |
1934-1935 | im Widerstand, illegaler SPD-Leiter Sprembergs |
18.10.1935 | Verraten, Verhaftung in Spremberg durch die Gestapo |
Okt 1935 - Mär 1936 | Haft im Gerichtsgefängnis Spremberg |
10.01.1936 | Anklage: Vorbereitung zum Hochverrat |
06.04.1936 | Verurteilung: zweieinhalb Jahre Zuchthaus |
Apr 1936 - Apr 1938 | Haft im Zuchthaus Luckau |
Apr 1938 - Jun 1940 | Haft im Konzentrationslager Sachsenhausen |
Jun 1940 - Mai 1945 | Haft im Konzentrationslager Neuengamme |
März 1944 | Verlegung zur Zwangsarbeit im Außenlager Beendorf |
10.04.1945 | Räumung des Lagers Beendorf, Deportation ins Konzentrationslager Wöbbelin |
02.05.1945 | Befreiung im Konzentrationslager Wöbbelin |
ab September 1945 | Mitarbeit im Kreisrat für Spremberg (SPD) |
Frömter, Otto | Verbündeter |
Tschickert, Ernst | Verbündeter |
Tschickert, Martha | Verbündeter |
Jänchen, Berta | Verbündeter |
Kubo, Richard | Verbündeter |
Wohnort | |
Kirchgasse | Wohnort, zukünftiger STOLPERSTEIN |
12.10.1893 | Geburt – in Warmbrunn/Hirschberg |
1900 | Zuzug – nach Spremberg |
1900-1908 | Volksschule Spremberg |
1907 | Tabakhandwerkslehre |
Oktober 1911 | Eintritt in die SPD |
1914-1918 | Soldat im Ersten Weltkrieg |
ca. 1918 | Umschulung zum Tuchmacher |
Jun-Aug 1933 | Verhaftung in Spremberg, Konzentrationslager Sonnenburg |
1934-1935 | im Widerstand, illegaler SPD-Leiter Sprembergs |
18.10.1935 | Verraten, Verhaftung in Spremberg durch die Gestapo |
Okt 1935 - Mär 1936 | Haft im Gerichtsgefängnis Spremberg |
10.01.1936 | Anklage: Vorbereitung zum Hochverrat |
06.04.1936 | Verurteilung: zweieinhalb Jahre Zuchthaus |
Apr 1936 - Apr 1938 | Haft im Zuchthaus Luckau |
Apr 1938 - Jun 1940 | Haft im Konzentrationslager Sachsenhausen |
Jun 1940 - Mai 1945 | Haft im Konzentrationslager Neuengamme |
März 1944 | Verlegung zur Zwangsarbeit im Außenlager Beendorf |
10.04.1945 | Räumung des Lagers Beendorf, Deportation ins Konzentrationslager Wöbbelin |
02.05.1945 | Befreiung im Konzentrationslager Wöbbelin |
ab September 1945 | Mitarbeit im Kreisrat für Spremberg (SPD) |
"Mein Lebenslauf.
Am 10.12.1893 bin ich in Warmbrunn Kreis Hirschberg geboren. Ich besuchte vom 6. Lebensjahr an die Volksschule in Spremberg bis [zum Abschluss]. Mit 14 Jahren erlernte ich das Tabakhandwerk, nach 3-jähriger Lehre ging ich in die Fremde und arbeitete in meinem Beruf, bis ich Soldat wurde. Nach meiner Entlassung aus dem Heeresdienst schulte ich mich um und erlernte das Tuchmacherhandwerk.“1
1911 tritt Kurt in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ein und nach dem Ersten Weltkrieg und seiner Rückkehr nach Spremberg in den Textilarbeiterverband.2 Dort ist auch die Geschirrmacherin Fanny Koar aus Sprembeg tätig. Kurt und Fanny heiraten noch im selben Jahr, da sie sich kennenlernten, am 23. Dezember 1920. 1924 tritt auch sie der SPD bei.3 In Spremberg wohnen die beiden erst in der Kriegerheimsiedlung 29 (heute Robert-Koch-Siedlung), später in der Kirchgasse 5.4
Gleich nach Beginn des NS-Regimes und dem Verbot der SPD wird Kurt zwei Monate im Konzentrationslager Sonnenburg inhaftiert.5 Fanny schreibt später in ihrem Lebenslauf für den Antrag auf Mitgliedschaft in der Vereinigung der Verfolgten des Nationalsozialismus:
„Nachdem 1933 das erste Mal mein Mann von den Nazis verhaftet wurde und in das KZ-Lager Sonnenburg gebracht wurde, unterstützte ich meinen Mann von den wenigen Lebensmitteln, die ich besaß. Nach seiner Entlassung arbeitete ich mit meinem Mann illegal mit unseren Genossen in der Tschechoslowakei zusammen, bis mein Mann abermals im Oktober 1935 verhaftet wurde. Nur meinem Mann und den übrigen Genossen, die in einem Prozess standen, und meine illegale Mitarbeit verschwiegen haben, war es zu verdanken, dass ich nicht mit verhaftet wurde.“6
Von Januar 1934 an betätigt sich Kurt illegal für die SPD. Er hat die Gesamtleitung der Gruppe im Kreis Spremberg inne. Auch an Konferenzen im Ausland nimmt er heimlich teil.7 1935 werden er und andere Verbündete verraten und am 18. Oktober 1935 steht die Gestapo bei ihm vor der Tür in der Kirchgasse, um ihn zu verhaften. Fünf Monate bleibt er im Gerichtsgefängnis Spremberg. Dann wird er im Zuge eines Kammergerichtsverfahrens, bei dem auch seine Verbündeten Ernst und Martha Tschickert, Berta Jänchen und Otto Frömter mit angeklagt sind, nach Cottbus verlegt. Die Anklageschrift vom 10. Januar 1936 lautet „Vorbereitung zum Hochverrat“. Das Urteil wird am 6. April 1936 bekannt gegeben: zweieinhalb Jahre Zuchthaus. Zuerst wird er in Groß-Strehlitz inhaftiert, dann im Zuchthaus Luckau.8
Auf seiner Personalakte vom Zuchthaus steht zum Ende seiner Strafverbüßung: “Austritt aus der Anstalt, Entlassungsverfügung - Konzentrationslager Sachsenhausen“. Dort wird er direkt im Anschluss an die Haftstrafe für zwei Jahre ohne ein weiteres Urteil eingeliefert.9 Es ist aber noch nicht die letzte Station, denn er wird schließlich ins Konzentrationslager Neuengamme überführt.10 Etwa ab März 1944 wird Kurt im Außenlager Beendorf bei Helmstedt eingesetzt, um dort unterirdische Hallen für die Kriegsproduktion zu bauen. Die schwere körperliche Arbeit und schlechten Bedingungen verursachen Gesundheitsschäden, vor allem der Atemwege. So auch bei Kurt, der seither sein Leben lang Asthma hat. Auch ein chronisches Herzleiden trägt er davon. Zudem hat er sieben Zähne verloren oder sie wurden ihm herausgeschlagen.11
Am 10. April 1945 wird das Arbeitslager geräumt. In Güterwaggons werden Kurt und die anderen Häftlinge in das sich noch im Aufbau befindende Konzentrationslager Wöbbelin bei Ludwigslust transportiert. Dort wird Kurt mit den anderen Überlebenden zwei Wochen später am 2. Mai 1945 durch englische Truppen befreit.12
Im Chaos der Befreiung und seiner Rückkehr nach Spremberg geschieht es, dass er nicht wieder in den Besitz seiner Wertsachen kommt, die ihm in der Haft abgenommen worden waren. Bis zum heutigen Tag wird Kurts Ehering bei den Häftlingsgegenständen von Neuengamme aufbewahrt, die mittlerweile im Arolsen Archiv liegen.13
Nach Kriegsende werden Kurt und seine Frau wieder für die SPD tätig, später für die SED.14 Der Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Nationalsozialismus in Spremberg schreibt 1950 über Kurt:
"Infolge der Schikanen des Naziterrors und seiner langen Einkerkerung haben seine Nerven gelitten, was mitunter unliebsame Situationen hervorruft, aber zu entschuldigen ist.“15
Kurt stirbt am 15. April 1967 im Alter von 74 Jahren.16
Frömter, Otto | Verbündeter |
Tschickert, Ernst | Verbündeter |
Tschickert, Martha | Verbündeter |
Jänchen, Berta | Verbündeter |
Kubo, Richard | Verbündeter |
Wohnort | |
Kirchgasse | Wohnort, zukünftiger STOLPERSTEIN |
Brandenburgisches Landeshauptarchiv:
Arolsen Archiv:
Stadtarchiv Spremberg:
Sekundärliteratur:
Internetseiten: